Wenn Sie planen, Ihre Medizinprodukte in Europa zu verkaufen, müssen Sie einen Bericht über die klinische Bewertung (CER, Clinical Evaluation Report) erstellen und pflegen, der den Anforderungen der MDR genügt.
Die klinische Bewertung umfasst die Beurteilung und Analyse klinischer Daten zu einem Medizinprodukt, um die klinische Sicherheit und Leistung des Produkts zu belegen. Ihr CER dokumentiert das Ergebnis der klinischen Bewertung Ihres Produkts.
Klinische Bewertungsberichte sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur CE-Kennzeichnung oder bei bereits CE-gekennzeichneten Produkten, das legale Inverkehrbringen aufrecht zu erhalten. Viele Hersteller*innen haben Schwierigkeiten, die europäischen Anforderungen zu erfüllen. Im Audit gibt es dann nicht selten eine lange Abweichungsliste, da die Ansprüche an die klinische Bewertung in den letzten Jahren stetig gestiegen sind.
Ein konformer Bericht sollte belastbare klinische Belege dafür liefern, dass Ihr Produkt den vorgesehenen Zweck erfüllt, ohne Anwender und Patienten einem klinischen Risiko auszusetzen. Der Bericht muss auf Daten beruhen, die aus eigenen Studien und /oder aus klinischen Studien anderer Produkte zu ziehen sind.
Müssen Geräte, die sich bereits auf dem Markt befinden, die Gleichwertigkeit nachweisen?
Dies hängt davon ab, ob Sie sich auf klinische Daten stützen, die an gleichwertigen Geräten erzeugt wurden. Wenn dies der Fall ist, müssen die Anforderungen für die Gleichwertigkeit erfüllt und belegt werden. Das heißt es ist eine schriftliche Diskussion bzgl. technischer, biologischer und klinischer Vergleichbarkeit der Produkte zu führen. Dies gilt auch für Produkte, die bereits CE-gekennzeichnet sind, denn die klinische Bewertung ist zu aktualisieren, sie unterliegt mit dem PMCF (Post Market Clinical Follow Up), in dem regelmäßig klinischen Daten zu sammeln und zu bewerten sind, einem laufenden Prozess.
Wie sollen Hersteller*innen einfacher und sicherer Produkte der Klasse I und IIa die Anforderungen einhalten, wenn für ihr Produkt keine klinischen Daten vorliegen und/oder es keine geeignete oder verfügbare Literatur gibt?
Sofern Sie nicht etwas komplett neuartiges auf den Markt bringen, gibt es in 99% der Fälle auch klinische Daten. Die Frage ist nur, welche Qualität haben diese Daten und an dieser Stelle müssen tatsächlich große Unterschiede gemacht werden. Ältere Studienergebnisse erfüllen oft nicht die heute geforderten formalen Anforderungen an die Datenerhebung oder an das Studiendesign. Desweiteren gibt es viele Feinheiten zu beachten, weil beim Studiendesign des Äquivalenzprodukts der Fokus an anderer Stelle lag oder der Produktaufbau in einem klinisch relevanten Teil doch abwich. Hier müssen dann meist Informationslücken in Kauf genommen werden. Diese Lücken sind mit ergänzenden Daten zu füllen.
Es ist nicht auszuschließen, dass auch eigene klinische Daten im Rahmen einer klinische Studie zu generieren sind.
Wie gehe ich die klinische Bewertung systematisch an?
Zunächst ist es wichtig und auch gefordert, die klinische Bewertung zu planen und vor der eigentlichen Datensammlung und -bewertung einen strukturierten und umfassenden Plan zur klinischen Bewertung zu erstellen.
Der Plan ist die Grundlage aller weiteren Tätigkeiten. In diesem wird natürlich zunächst beschrieben welches Produkt zu bewerten ist und wie der state-of-the-art ermittelt wird.
In welchem medizinischen Umfeld bewege ich mich? Gibt es einen Goldstandard, gibt es alternative Methoden etc? Als nächstes plane ich, wie ich welche Daten, klinische und nicht-klinische, als relevante Daten identifiziere. Wo recherchiere ich die Daten? Ich lege weiterhin fest, wie ich Daten bewerte, sozusagen also die Spreu vom Weizen zu trennen gedenke. Bei alledem ist zu beachten, dass meine Kriterien die Daten nicht kategorisch aussortieren, die unter Umständen negative Gesichtspunkte liefern.
Im Audit wird genau darauf geachtet, ob ein Produkt geschönt dargestellt wurde oder ob es tatsächlich kritisch bewertet wurde.
Was kommt nach dem Plan?
Wenn der Plan zur klinischen Bewertung gut ist, geht es mit viel Fleiß und fachlicher Expertise weiter. Es sind eine Menge Texte und Daten zu sichten, zu bewerten, zu sortieren und kritisch zu würdigen. Das erledigt ein Team, welches das gesamte Spektrum des zu bewertenden Produktes fachlich abdecken kann.
Es gilt also sowohl passende medizinische, wie auch technische Fachexpert*innen in die Arbeit einzubinden.
Als Fazit ist also festzuhalten:
Der gesamte Vorgang rund um die klinische Bewertung bedarf hoher Konzentration und Qualifikation für die Aufgabe. Ich muss als Autor*in einer klinischen Bewertung die meist englischen Fachtexte verstehen, bewerten und würdigen. Das Vermögen wissenschaftlich arbeiten zu können ist eine große Hilfe, wenn nicht sogar unabdingbar. Gleichzeitig muss ich ein großes Verständnis für Formalitäten mitbringen und mich streng an definierte Prozesse halten können. Wenn die einmal definierten Prozesse sich jedoch als nicht tauglich erweisen, muss auch dies erkannt werden.
Aus unserer Sicht ist die klinische Bewertung das aktuell anspruchsvollste Dokument, das im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens für Medizinprodukte zu erstellen ist.
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Mehr zum Thema? Lesen unseren Beitrag zur klinischen Bewertung und medizinischen Nutzen.