Nach der Vorstellung des Bundesgesundheitsministeriums (BMfG) sollen Patienten sich zukünftig Gesundheits-Apps wie Arznei- oder Hilfsmittel vom Arzt verschreiben lassen können. Das ist u.a. ein wesentliches Ziel eines Referentenentwurfes zum „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ (kurz: Digitale Versorgung Gesetz). Dafür wurde vor Kurzem vom BMfG ein Referentenentwurf vorgelegt, der nun diskutiert und voraussichtlich in 2020 verabschiedet wird.
Geltungsbereich der Regelungen sollen Medizinprodukte der Klassen I und IIa sein, was seitens der Verbände bereits Kritik hervorgerufen hat, da viele „digitale Gesundheitsanwendungen mit Medizinprodukten aufgrund der Zuordnung der Risikoklassifizierung nach dem Hauptprodukt höheren Klassen zuzuordnen sind. Dies betrifft beispielsweise Software oder Apps, die Informationen eines anderen Medizinprodukts aufbereiten und so den Arzt oder den Patienten über die Parameter eines Herzschrittmachers oder einer Insulinpumpe informieren. Die App wäre, wie der Herzschrittmacher, der Klasse III zuzuordnen und somit nicht vom Versorgungsanspruch umfasst. […]Die bisher geplante Regelung würde also nur digitale Gesundheitsanwendungen erfassen, die der Kontrolle von physiologischen Prozessen dienen, die Kontrolle von vitalen physiologischen Prozessen hingegen nicht.“ So zumindest die Kritik des BVMed in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf.
Grundsätzlich soll nach Inkrafttreten ein zügiger Zulassungsweg für die Hersteller geschaffen werden. Interessanterweise sollen die Anträge für eine entsprechende Registrierung an das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) gerichtet werden. Somit wird die Listung der Apps keine Berücksichtigung im Hilfsmittelverzeichnis finden und daher nicht dem GKV Spitzenverband zugeordnet.
„Nach einer ersten Prüfung der Sicherheit und von Qualitätskriterien wie Datenschutz, Transparenz und Nutzerfreundlichkeit wird eine Anwendung ein Jahr lang vorläufig von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. In dieser Zeit muss der Hersteller beim BfArM nachweisen, dass das Angebot positive Effekte für die Versorgung hat. Wie viel Geld der Hersteller erhält, verhandelt er dann selbst mit dem GKV-Spitzenverband.“ heißt es in einer Beschreibung auf der Webseite des BMfG.
Das bedeutet auch, dass ein Produkt im HMV-List of Medical Aids gelistet sein kann, die entsprechende digitale Anwendung (App) des gleichen Produktes aber beim BfArM. Für den Hersteller bedeutet das im Vorfeld zwei verschiedene Ansprechpartner und Antragsverfahren, wenn es bei der aktuellen Regelung bleibt.
Bis letztendlich klar ist, wie das konkrete Antragsverfahren aussehen soll, können Hersteller von Gesundheitsapps schon Vorarbeit leisten. Zum einen können die Hersteller jetzt Daten über die positiven Effekte der Versorgung durch ihre App sammeln, damit sie entsprechend aufgestellt sind, wenn das DVG verabschiedet wird. Zum anderen gibt es die Möglichkeit mit Krankenkassen auch vor der Verabschiedung des DVG Selektivverträge zu schließen, weil die Kostenträger daran interessiert sein könnten, ihren Mitgliedern entsprechende Services und Gesundheitsapps bereits heute anzubieten. Laut Forderung des MedTech-Verbandes sollen solche digitalen Anwendungen dann auch in die Regelversorgung übergehen können, wenn sie sich durch einen Selektivvertrag bewährt haben, also mit einem vereinfachten Antragsverfahren.
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