Von EWG zu EU – Eine kurze Historie der Europäischen Medizinprodukteverordnungen
Die Zeiten wandeln sich und so auch die Regularien. Bevor 2017 die Europäische Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte, die MDR die Ansprüche an Medizinprodukte definierte, übernahm diesen Job die Richtlinie 93/42/EWG, die sogenannte MDD.
MDD (Medical Device Directive) und MDR (Medical Device Regulation) hatten also ganz ähnliche Ziele, unterscheiden sich aber in wichtigen Punkten – vom rechtlichen Format über den Umfang der Regulierungen bis zur Strukturierung der regulativen Infrastruktur – grundlegend.
Die Rechtsprechung, die Anforderungen, ja die gesamte Substruktur auf dem weiten Markt der Medizinprodukte hat sich also seit 2017 geändert. Dennoch gibt es viele Produkte, die immer noch von treuen Kund*innen genutzt werden, deren Produktionsketten noch stehen, oder für die es noch Lagerhallen voller Ersatzteile gibt.
Die Hersteller dieser Produkte möchten ihren Kund*innen oft weiterhin die uneingeschränkte Nutzung ihrer Produkte ermöglichen. So kommt es, dass die BEO BERLIN des Öfteren gefragt wird, ob Zubehör oder Ersatzteile für MDD-Produkte in MDR-Zeiten noch importiert werden dürfen.
Um diese Frage zu beantworten, ist es sinnvoll die MDR-Bestimmungen zu folgenden Begriffen anzuschauen.
- Medizinprodukt: Jedes Medizinprodukt muss mit der CE-Kennzeichnung versehen werden, bevor es in Verkehr gebracht werden darf. Das bedeutet, es muss den aktuellen Anforderungen der jeweils geltenden gesetzlichen Grundlage entsprechen. Dies ist für die EU seit 2017 die MDR.
- Zubehörteil für ein Medizinprodukt: Muss ebenfalls vor dem Inverkehrbringen mit der CE-Kennzeichnung versehen werden.
- Ein Teil/eine Komponente: Ist für den Ersatz bestehender Komponenten eines Produkts bestimmt, dessen Konformität bereits festgestellt wurde. Sie werden nicht als medizinische Produkte betrachtet und benötigen daher keine eigene CE-Kennzeichnung.
Aufmerksame Leser*innen werden den Unterschied zwischen Medizinprodukten/ Zubehörsteilen einerseits und Teilen/ Komponenten andererseits bemerkt haben. Die Unterscheidung ergibt sich ebenfalls aus der MDR, genauer aus Artikel 23 der EU-MDR bzw. Artikel 12 der schweizerischen MDR. Dort steht:
„Die Merkmale und die Leistung des Produkts dürfen nicht soweit beeinträchtigt werden, dass die Gesundheit oder die Sicherheit des Patienten oder Anwenders oder gegebenenfalls Dritter während der Lebensdauer des Produkts gefährdet wird, wenn das Produkt Belastungen ausgesetzt wird, wie sie unter normalen Verwendungsbedingungen auftreten können, und es ordnungsgemäß entsprechend den Anweisungen des Herstellers instand gehalten wurde“ (EU-MDR, Art. 23, GSPR 6)
Mit anderen Worten bedeutet das: Hersteller tragen die Verantwortung für die Sicherheit und Leistung eines Produkts bis zum Ende des Lebenszyklus des Produkts, auch wenn das Produkt ausgemustert werden soll (beispielsweise, weil es den Anforderungen der MDR nicht mehr entspricht).
Wenn der Hersteller bereits früher Ersatzteile für das MDD-konforme Produkt geliefert hat, kann er die Ersatzteile, für die noch auf dem Markt befindlichen Produkte bis zum Ende ihrer Lebensdauer weiter liefern, auch wenn das Produkt selbst nicht auf MDR umgestellt wurde.
Die oben gestellte Frage können wir also getrost mit JA beantworten! Hersteller dürfen ihre MDD-Produkte instand halten und dafür Teile und Komponenten liefern, solange es sich nicht um Produktteile handelt, die als Zubehör oder eigenes Medizinprodukt gelten. Überdies ergibt sich aus dem Wortlaut der MDR, dass für die Lieferung von Teilen und Komponenten ohne einen zugewiesenen EU- bzw. CH-Rep möglich ist. Dieser wäre notwendiger Bestandteil einer CE-Zertifizierung.
Kurzum: Solange die Sicherheit und Leistung eines Produkts gewährleistet bleiben, dürfen Ersatzteile weiterhin geliefert werden, auch wenn das ursprüngliche Produkt nicht MDR-konform ist.
Wir stehen Ihnen gerne als zuverlässiger Partner zur Seite. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wenn Sie Fragen zur MDR- oder MDD-Verordnung haben oder Unterstützung bei der Einhaltung der regulatorischen Anforderungen benötigen.